Bluthochdruck (Hypertonie)

Das wichtigste in kürze

 

Die Hypertonie ist die wichtigste Herz-Kreislauferkrankung. Eine gute medikamentöse Behandlung macht in der Regel keine Nebenwirkungen und reduziert das Risiko eines Hirnschlages oder Herzinfarktes drastisch.

 

Der Bluthochdruck, die Hypertonie, ist die häufigste Erkrankung der Herz-Kreislaufsystems und ihre Folgekrankheiten sind die beiden häufigsten Todesursachen in der Schweiz wie auch in den anderen Industrieländern.

Und doch möchte ich dieses Kapitel mit einer Entwarnung beginnen, denn über kaum eine andere Erkrankung wird so viel Falsches verbreitert und so viel unnötige Panik generiert wie über die Hypertonie. Wenn es uns eines Tages gelingt die Hypertonie an ihren Wurzeln zu heilen und die essenzielle Hypertonie verschwunden ist, so wird auf ihrem Grabstein stehen:

 

«Ich war an allem Schuld»

 

So oft wird dem BD die Schuld am sich unwohl fühlen zugeschrieben obwohl der BD lediglich darauf reagiert, dass man sich unwohl fühlt.

Bei einem gesunden Herz-Kreislauf-System passt sich der Blutdruck (BD) ständig den Bedürfnissen des Körpers an. Wenn wir ruhig sitzen ist er tief, schon wenn wir uns bewegen steigt er an, wenn wir die Zeitung lesen erst recht und beim Hinaufrennen der Treppe ist er schnell mal auf 160 oder sogar 200mmHg, je nachdem wie viele Stockwerke es werden und wie gut wir trainiert sind. Das ist normal und stört niemanden.

Wenn aber jemand nachts aufwacht und sich unwohl fühlt und auf den (meist dummen) Gedanken kommt den Blutdruck zu messen und dieser ist zuerst auf 170 dann aber nach einigen Messungen auf 200 dann wird die Ambulanz gerufen und alle geraten in Panik. Es könnte ja … was passieren? Ein Hirnschlag? Ein Herzinfarkt?

Warum ist dann das nicht schon unzählige Male geschehen als wir die Treppe hinaufgerannt sind? Warum ist ein Blutdruck von 170 oder 200mmHg in der Nacht gefährlicher als beim intensiven Sport?

Er ist es nicht.

Ist dann der hohe Blutdruck ungefährlich? Nein, natürlich nicht. Aber ein kurzfristiger BD von 200/100mmHg bringt niemanden akut um während ein Blutdruck von z.B. nur 145/90 über eine lange Zeit durchaus zu einem Hirnschlag oder Herzinfarkt führen und damit ein Leben verkürzen kann.

Der Blutdruck schadet, wenn er über Jahre zu hoch ist. Dabei muss er gar nicht sehr hoch sein. Studien zeigen, dass Personen mit einem BD unter 120/80 weniger Hirnschläge haben als ein Personen mit einem (normalen) BD von 120/80mmHg.

Die echte «Hypertensive Krise» ist eine extreme Seltenheit, die meisten diagnostizierten «Hypertensiven Krisen» reagieren am besten auf Beruhigung oder ein Beruhigungsmittel.

Wer in der Nacht aufwacht, hat in der Regel einen höheren Blutdruck und wer sich unwohl fühlt erst recht. Daher macht es keinen Sinn den Blutdruck zu diesen Zeiten zu messen. Ist er hoch, so praktisch immer, weil man einen leicht erhöhten und Behandlungsbedürftigen BD hat und dieser nun noch höher ist, weil man sich eben gerade unwohl fühlt.

Der hohe BD ist aber in diesen Fällen nicht die Ursache des Unwohlseins, denn einen hohen Blutdruck spürt man in der Regel nicht. Daher nennen wir ihn «the silent killer». Wenn also jemand glaubt den BD in solchen Situationen messen zu müssen dann bitte ohne in Panik zu geraten. Denn die diese Panik treibt ihn erst richtig in die Höhe.

 

Wann BD messen?

Wer den BD messen möchte, soll dies im Sitzen und nach einigen Minuten Ruhe tun. Ist er normal, so macht es wenig Sinn ihn ständig wieder zu messen. Ist er nicht normal so soll ein Arzt entscheiden, ob eine Behandlung nötig ist. Bei Unsicherheit kann ein Kardiologe diese Frage mithilfe von weitergehenden Untersuchungen (Echokardiographie, BD Messung unter Belastung, 24h-BD Messung etc.) beantworten. BD-Messungen während oder direkt nach Anstrengungen sind ausserhalb der Arztpraxis sinnlos.

Die Diagnose, der BD sei nur beim Arzt erhöht (Weisskittelhypertonie), muss vorsichtig gestellt werden. Studien zeigen, dass dies bereits auf ein krankhaftes Reagieren des Kreislaufsystems zurückzuführen ist und nicht selten bleibt so Hypertonie über Jahre unbehandelt. Bei Frauen um die Menopause kann sich eine Hypertonie ausbilden, obwohl der BD vorher immer normal war,. Dies sollte nicht verpasst werden.

Nimmt jemand Medikamente zur BD-Senkung, so sollte der BD frühestens 2 Stunden nach Einnahme der Medikamente gemessen werden, damit man deren Wirkung beurteilen kann.

 

Was macht der hohe BD?

Der hohe Druck in den Gefässen führt zu Arteriosklerose und damit zur Organschädigung. Häufgste und von uns allen am meisten gefürchtete Folgekrankheit ist der Hirnschlag. Wie oben erwähnt schadet auch ein leicht erhöhter BD über die Zeit, daher ist eine gute Blutdruckeinstellung sehr wichtig.

 

Therapie

Bei Patienten mit leichter Hypertonie ohne Schädigung des Herzens (dies kann mit einer Echokardiographie ausgeschlossen werden) und ohne Schädigung der Niere (keine Mikroalbuminurie), empfehlen die aktuellen Richtlinien einen «Life-Style Change» im Sinne von mehr Sport, Gewichtsabnahme etc. für 6 Monate zu versuchen. Salzrestriktion ist immer sinnvoll. Danach ist eine medikamentöse Therapie empfohlen, wenn dies keinen genügenden Erfolg gebracht hat.

Viele Patienten reagieren entsetzt wenn eine medikamentöse Therapie empfohlen wird. Die Gründe sind vielfältig

  1. Angst vor Nebenwirkungen
    Diese Angst ist unbegründet, denn die Modernen BD-Senker haben wirklich kaum Nebenwirkungen. Die Beipackzettel lassen zwar etwas anderes erwarten, diese Schützen aber vor allem die Hersteller und haben mit der Realität nicht viel zu tun. Sollte doch einmal eine Nebenwirkung auftreten, so findet sich sicher ein anderes Medikament das vertragen wird. Hier braucht es manchmal etwas Geduld; beim Patienten und beim Arzt. Eine gute Investition, wenn damit ein Hirnschlag verhindert werden kann.

  2. Die Angst die Medikamente würden Leber oder Niere Schädigen
    Die Leber und die Niere machen ihren Job gerne und schaden sich beim Abbau der Medikamente, von denen hier die Rede ist, nicht. Viele BD-Senker habe prognostisch sehr positive Wirkungen, das heisst, es wurde in Studien bewiesen, dass man länger lebt und/oder weniger Infarkte oder Hirnschläge hat und dass z.B. die Niere geschützt wird etc. Genau das Gegenteil dieser Befürchtung ist somit der Fall.

  3. Aversion gegen Medikamente
    Sehr häufig zeigt es sich, dass wir mit dem Gefühl, wir bräuchten ein Medikament um «überleben» zu können, grosse Mühe haben. Es objektiviert unsere Verletzlichkeit  und wird von vielen als ein Point of no return auf dem Weg zu Alterung gesehen. Aber wir brauchen auch Wasser zum überleben und das stört niemanden. Die Betroffenen sind sich der Ursache dieser Aversion selten bewusst und daher sollte dieser Punkt angesprochen werden. Oft lässt sich so ein Weg finden, ein Medikament zu versuchen und die Überraschung ist dann gross, wenn nur Wirkung und keine Nebenwirkung auftritt. Denn der Satz «Wo Wirkung ist, ist auch Nebenwirkung» ist wie jedes andere Dogma falsch.

 

Eine medikamentöse Blutdruckbehandlung ohne Nebenwirkungen ist nicht nur möglich, sondern die Regel.

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